Humboldt Gymnasium Gifhorn
Fritz-Reuter-Str. 1
38518 Gifhorn
Facharbeit im Leistungskurs
Mathematik
Thema: Die Eulersche Zahl e; Die
Kreiszahl Pi
Verfasser: F.
Pflug, J. Walter
Fachlehrer: Herr Laurien
Abgabetermin: 14.03.2001
Pi-Teil: Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung S.
1
2. Die Geschichte von Pi S.
1-3
3. Verfahren zur Berechnung von
Pi S. 3
3.1.
Geometrische
Verfahren S.
3
3.1.1.
Treppenverfahren S.
3-4
3.1.2.
Gitterpunktverfahren S.
4-5
3.2.
Monte
Carlo-Verfahren S.
6-7
3.3.
Unendliche
Summen oder Produkte
3.3.1.
Die Viète-Methode S.
8
4. Anwendungen von Pi S. 8
4.1.
Bogenmaß S.
9
4.2.
Sinus-
und Kosinusfunktionen S.
10
5. Eulersche Zahl e und
Kreiszahl p S. 11
e-Teil: Inhaltsverzeichnis e
1.
Einleitung S.
12
2.
Exponentialfunktionen S.
12
2.1.
Überlegungen zu Exponentialfunktionen S.
12-14
2.2.
Nähere Betrachtung von c S.
14
3.
Kurzbiographie Leonhard Eulers S.
14-15
4.
Berechnungsweisen von e S.
15
4.1.
Berechnung über den Proportionalitätsfaktor c S. 15-17
4.2.
Berechnung über die Grenzwertformel S.
17
4.2.1.
Herleiten des
Intervalls S.
17-20
4.2.2.
Beweis für die
Intervallschachtelung S.
20
5.
e und die harmonische Reihe S.
20-21
Abschließende Betrachtung S. 22
Anlage: Literaturverzeichnis
1. Umfang eines Kreises und sein
Durchmesser
- ein besonderes Verhältnis
Die Zahl Pi: Kaum eine Zahl hat die großen Mathematiker und Denker rund um den Globus so beschäftigt wie die Zahl Pi. Denn schließlich begegnet sie uns täglich: Die runde Kaffeetasse, die Reifen eines Autos, runde Verkehrsschilder: Überall taucht die Zahl Pi auf. Und obwohl sie unendlich lang ist (Pi ist irrational, d.h. man kann Pi nicht als Bruch zweier Zahlen darstellen), reichen bereits wenige Dezimalstellen, um beispielsweise den Umfang des Universums oder die Größe eines Atoms zu bestimmen.
Zunächst scheint es doch recht einfach zu sein, Pi zu bestimmen. Man dividiert den Umfang eines Kreises durch seinen Durchmesser und voilà: Man erhält immer Pi! Dieses ist möglich, da alle Kreise ähnlich sind.
Allerdings dürfte man aufgrund der doch recht
beschränken Messgenauigkeit auf nur wenige richtige Dezimalstellen von Pi
kommen. Somit kam es dazu, dass sich mit dem Laufe der Zeit ein regelrechter
Volkssport unter Mathematikern entwickelte, immer ausgefeiltere, schnellere und
vor allem genauere Verfahren für die Bestimmung von Pi zu erhalten. Einige
davon möchten wir hier später ausführlich vorstellen.
Schon
in der Bibel wird von Pi indirekt berichtet:
Und er machte das Meer, gegossen, von einem Rand zum
andern zehn Ellen weit rundherum und fünf Ellen hoch, und eine Schnur von
dreißig Ellen war das Maß ringsherum. (1. Könige 7,23)
Mit diesen Angaben (Umfang 30 Ellen, Durchmesser 10 Ellen) würde man auf den
Wert 3 für Pi kommen, eine gar nicht mal so schlechte Näherung für das Jahr 950
v.Chr., allerdings gelang den Ägyptern bereits im Jahre 1500 v.Chr. mit (16/9)²
(»3,1605...) eine bessere Näherung für Pi.
Den ersten genaueren Wert lieferte Platon (427-348 v.Chr.) mit
Die erste systematische Berechnung von Pi lieferte allerdings Archimedes
(285-212 v.Chr.), der bekannte Mathematiker und Physiker der Antike. Er tat
dies, in dem er einen Kreis mit regelmäßigen Vielecken ein- und umbeschrieb.
Die Fläche des umbeschriebenen Vielecks ist immer größer, die des
einbeschriebenen immer kleiner. Die Begründung liegt darin, dass die Strecke
zwischen zwei Ecken des Vielecks die kürzeste Verbindung darstellt, die
Verbindung mit einer bogenförmigen Strecke muss demnach länger sein:
Lässt man nun die Zahl der Ecken steigen, so erhält man durch eine
Intervallschachtelung bei einer Anzahl von 96 Ecken einen recht guten
Näherungswert: 3,1410... < p
< 3,1422...
Hier sieht man sehr gut, dass sich das Vieleck mit
steigender Anzahl der Ecken immer mehr dem Umfang des Kreises annähert.
1427 gelingt es
einem arabischen Astronomen Al-Kasi mit einem 6*227-Eck (das entspricht 805.306.368 Ecken!) Pi auf
die ersten zwölf Dezimalstellen genau zu berechnen.
1610 rechnet
der Mathematiker Ludolph van Ceulen mit einem 4*260-Eck unglaubliche
35 Dezimalen. Damals waren viele
von dieser Leistung so erstaunt, dass sich der Begriff Ludolphsche Zahl einbürgerte.
Von nun an entwickelt sich unter Mathematikern der Sport
der Pi-Berechnung: 1841 berechnet William Rutherford 152 richtige Stellen, 32
Jahre später toppt ihn William Shanks mit 527 Dezimalen. Bis jetzt werden alle
Berechnungen noch manuell durchgeführt! Dieses ändert sich ab 1949 mit der
Einführung der elektronischen Rechner: Es gelingt in 70 Stunden 2.037 Stellen
zu berechnen. 1961 sind es bereits 100.000 Stellen in 8,75 Stunden und 1983
16.000.000 Stellen in 30 Stunden. Heute liegt der aktuelle Rekord bei über 200
Milliarden Dezimalstellen. Eine umfangreiche Chronik findet sich unter http://pw1.netcom.com/~hjsmith/Pi/Records.html
(auf CD).
Wie bereits beschrieben, entwickelten sich mit der
Zeit immer schnellere und genauere Verfahrung zur Bestimmung von Pi. In der
Antike bis ungefähr 1700 n.Chr. war die geometrische Bestimmung mittels eines
regelmäßigen Vielecks gebräuchlich. Ab 1700 jedoch entwickeln Mathematiker eine
Vielzahl von unendlichen Summen und Produkten, mit denen sich Pi auf die n-te
Stelle genau berechnen lässt.
Bei dieser wohl bekanntesten Methode wird ein Viertel
eines Einheitskreises in beliebig viele Streifen zerschnitten. Wie man sieht,
beschreibt nahezu die Hälfte der Rechtecke den Kreisausschnitt von innen, da
ihre oberen rechten Ecken auf dem Kreisbogen liegen. Die restlichen beschreiben
folglich den Kreis von außen, letztlich wird sich der wahren Fläche also
wieder von oben und unten genähert, wie es schon bei der Methode mit den
Vielecken geschah.
Gehen wir zunächst von der Fläche der inneren Rechtecke aus:
Die Breite der Streifen beträgt , die Höhe der Streifen beträgt nach Pythagoras
also
Die Fläche eines i-ten Rechtecks berechnet sich also wie folgt:
Die Addition aller Rechtecksflächen ergibt schließlich
die Näherung an die Fläche des Viertelkreises:
Die Fläche der äußeren Rechtecke berechnet sich ganz ähnlich, die Breiten und
Höhen der Rechtecke sind die gleichen. Nur das erste Rechteck unterscheidet
sich, seine Höhe ist 1 (=r) und seine Breite ist , somit ist auch sein Flächeninhalt
.
Der Fläche des Kreises nähert man sich schließlich so:
Finnen < FKreis < Faußen
Dieses Verfahren kann man sehr einfach selbst
ausprobieren. Hierbei wird auf Millimeterpapier ein Kreis mit einem festgelegten
Radius r gezeichnet. Dabei kann man jedes Gitterquadrat als ein Einheitsquadrat
betrachten. Zählt man nun alle Quadrate zusammen, die sich mit ihrem
Mittelpunkt auf oder innerhalb des Kreises befinden, so erhält man die von
ihnen einbeschriebene Fläche g.
Diese Fläche stellt gleichzeitig auch eine Näherung für die Kreisfläche da, es
gilt also:
Bei diesem Beispiel wäre der Radius r=4, die Anzahl
der einbeschriebenen Quadrate g=49, woraus sich der Wert ergibt.
Mit steigender Quadratzahl steigt auch die Genauigkeit
für die Näherung von Pi, wie die folgende Tabelle verdeutlicht:
Radius r |
Anzahl g der Gitterquadrate |
Näherungswert für Pi |
Abweichung von Pi |
2 |
13 |
3,25 |
-0,10... |
3 |
29 |
3,22... |
-0,080... |
5 |
81 |
3,24 |
0,098... |
10 |
317 |
3,17 |
-0,028 |
100 |
31.417 |
3,1417 |
-0,00010... |
1.000 |
3.141.549 |
3,14159 |
0,000043 |
10.000 |
314.159.053 |
3,14159053 |
0,0000021... |
100.000 |
31.415.925.457 |
3,14159254... |
0,00000010... |
1.000.000 |
3.141.592.649.625 |
3,141592649... |
0,0000000039... |
Die Gitterpunktmethode liefert also sehr schnell ziemlich genaue Näherungen für
Pi, was anhand der Einfachheit des Verfahrens doch recht verwunderlich ist.
Allerdings sind die bisher gezeigten geometrischen Methoden nur bedingt
geeignet, damit eine große Anzahl von Dezimalstellen maschinell berechnen zu
lassen. Dafür schon eher geeignet sind die folgenden Verfahren.
Verfahrensweisen zur Berechnung von Pi, die auf dem
Zufall beruhen, werden Monte-Carlo-Verfahren genannt. Meistens ergibt sich Pi
dabei aus Wahrscheinlichkeiten, es ist also ein erheblicher Unterschied zu den
normalen Berechnungsweisen vorhanden. Wir möchten hier nur auf die relativ
bekannte Dartboard-Methode eingehen (vgl. [1], S. 38f).
Bei dieser Methode wird einem Kreis mit dem Radius r=1 ein Quadrat mit der
Seitenlänge 2r=2 umbeschrieben:
Nun stelle man sich vor, man würde Pfeile zufällig innerhalb des Quadrats
verteilen, Treffer wären hier Pfeile, die sich innerhalb des Kreises
befinden.
Nun geschieht folgendes:
Das Verhältnis (t = Zahl der
Treffer, n = Zahl der Würfe) nähert sich mit steigender Zahl der Würfe n dem
Flächenverhältnis von Kreis und Quadrat an. Somit ergibt sich:
Es ist mit dieser Methode also auch recht bequem, eine gute Näherung für Pi zu
bestimmen. Man muss nur eine möglichst große Zahl von Würfen durchführen oder
mit einem Computerprogramm simulieren zu lassen, was sich in der Praxis ja
mittlerweile recht gut durchzuführen ist.
Würfe n |
Näherungswert |
Näherungswert |
Näherungswert |
10 |
4 |
1,6 |
3,6 |
10.000 |
3,1556 |
3,1104 |
3,146 |
1.000.000 |
3,142904 |
3,1434 |
3,141104 |
10.000.000 |
3,1415644 |
3,1418716 |
3,1412184 |
Die Auswertung der Ergebnisse zeigt aber, dass das Gitterpunktverfahren
erheblich genauer ist, als der Dartboardalgorithmus. Zu begründen ist dies
darin, dass der Zufall die Punkte (Pfeile) nicht so gleichmäßig verteilt, wie
es bei den Gitterpunkten der Fall ist. Trotzdem wird in der Informatik der Dartboardalgorithmus
dem Gitterpunktverfahren vorgezogen, da er programmiertechnisch sehr einfach zu
realisieren ist.
Um beliebig viele Stellen von Pi zu berechnen, werden
heute Summen oder Produkte benutzt, die sich beliebig erweitern lassen. Die
Länge der Dezimalstellen ist somit nur noch von der Rechenleistung und dem
Speicherplatz der Computer abhängig. Natürlich ist auch dieser endlich und
somit bleibt die beliebige Berechnung von Pi letztlich doch Theorie.
Als Beispiel für eine unendliche Reihe stellen wir hier aus Platzgründen nur kurz ein unendliches Produkt von Viète vor:
(vgl. [1], S. 180f)
Der erste Europäer, der eine unendlich Reihe
entdeckte, war Francois Viète (1540-1603). Ihm gelang dies 1593 mit der
folgenden Formel:
Dazu wandelte er die bekannte Beziehung durch rekursive
Umformungen in
um.
Dabei gilt für Sinus:
Und für Kosinus:
Nun setzt man für ein, somit ergibt
sich
und
.
Nun setzt man die Gleichungen für Sinus und Kosinus mit der Bedingung für in Viètes Umformung
ein, und man erhält seine ästhetische und elegante Formel für Pi.
Wie bereits in der Einleitung beschrieben, begegnet
uns im gesamten Alltagsleben ständig Pi. Aber auch in den Naturwissenschaften
ist Pi nicht mehr wegzudenken. In der Mathematik wird Pi meistens bei Flächen-
und Volumenberechnungen, aber auch bei Sinus- und Kosinusfunktionen verwendet,
in der Physik werden mit Pi z.B. elektrische Feldstärken oder
Gravitationsfelder von Massen berechnet. Wir beschränken uns hier allerdings
auf die grundlegenden Verwendungen von Pi.
(vgl. [2], S. 27f)
Winkel
lassen sich nicht nur mit dem Gradmaß beschreiben, sondern auch mit Hilfe des
Einheitskreises und letztlich auch mit Pi. Dazu teilt man einen Einheitskreis
in zwei Sektoren ein:
Ein Sektor besteht nun aus zwei gleichlangen Radien (r=1, denn wir sind ja beim
Einheitskreis) und einem Bogen der Länge b. Da der Radius immer gleich ist,
hängt b nur vom Winkel a
ab. Für den Winkel 360° beträgt die Bogenlänge 2pr, gleicht also dem Kreisumfang. Da nun gilt, dass sich
das Verhältnis zweier Bogenlängen gleich dem Verhältnis ihrer Winkel ist, kommt
man auf folgende Gleichung:
Nach b umgeformt ergibt sich:
Setzt man nun für a den gewünschten Winkel
ein, so erhält man den gleichen Winkel im Bogenmaß. Für 360° wäre es z.B. die
Zahl 2p. Man wandelt eine Winkelangabe also in eine
Längenangabe eines Bogens um.
Gradmaß
|
Bogenmaß |
360°
|
2p |
180°
|
p |
90° |
p/2 |
60° |
p/3 |
45° |
p/4 |
30° |
p/6 |
1° |
p/180 |
Nun stellt sich die Frage, wozu man denn überhaupt ein
zusätzliches Winkelmaß benötigt. Dies ist recht einfach zu beantworten: In der
Mathematik rechnet man am liebsten mit reellen Zahlen, in die sich Gradmaße nun
wunderbar umrechnen lassen. Auch in der Physik ergibt sich ein Vorteil, denn
bei Formeln mit Winkelangaben kann man die unhandlichen Gradmaße einfach durch
die einheitslose Bogenmaßangabe ersetzen, was die Arbeit erheblich erleichtert.
Die Sinus- und Kosinusfunktionen lassen sich im Einheitskreis mit Pi in
Verbindung bringen. Dazu verdeutliche man sich folgende Zeichnung:
Wie man sieht, ergibt sich für Sinus und Kosinus jeweils eine Strecke, da die
Hypotenuse gleich 1 ist. Nun kann man für a Winkel im Bogenmaß einsetzen, z.B. 0. Für 0 ergibt sich ein Sinus von
0 und ein Kosinus von 1. Setzt man z.B. p/2 (entspricht 90°) ein, so ergibt sich ein Sinus von 1 und ein Kosinus
von 0.
Nun kann man den Sinus und Kosinus grafisch in einem Koordinatensystem abhängig
von a darstellen (hier nur der Sinus von x, der
Übersichtlichkeit halber):
(Window: xmin=0;xmax=4p;xscl=p/2;ymin=-1;ymax=1)
Wie man sieht, ergibt sich so das allgemein bekannte Bild einer Sinusfunktion.
Man sieht sehr schön, dass f(x) bei einem ganzzahlig Vielfachen von p immer Null, bei einem ungradzahlig Vielfachen von p/2 immer ein Maxi- oder Minimum (1 oder 1) ergibt.
Beim Kosinus wäre es genau umgedreht, bei einem
ganzzahlig Vielfachen von p
gibt es ein Maxi- oder Minimum, bei einem ungradzahlig Vielfachen von p/2 ergäbe sich Null.
Die Sinus- und Kosinusfunktionen haben eine recht hohe Bedeutung in der
Mathematik und Physik. In der Trigonometrie lassen sich damit Strecken oder
Winkel bestimmen, in der Optik werden damit Interferenzen bestimmen und auch im
Wechselstromkreis lassen sich damit die sinusförmigen Strom- und
Spannungsverläufe darstellen.
5.
Eulersche Zahl e und Kreiszahl p
Zum Abschluss des ersten Teils der Facharbeit noch
eine kleine Kuriosität:
Auch mit der Eulerschen Zahl e ist es möglich, sich Pi
begrenzt zu nähern (vgl. [1], S.60).
Den letzten Term kann man noch einmal umformen:
Das Beeindruckende an der letzten Näherung ist, dass
sie erstens sehr schön aussieht und leicht zu merken ist, und dass sie zweitens
jeweils sieben richtige Dezimalen von Pi ergibt.
Wer diese Näherungen gefunden und erdacht hat und wieso sie sich Pi nähern, war
leider nicht in Erfahrung zu bringen. Jedenfalls ergeben sie eine gute
Überleitung zum zweiten Thema dieser Facharbeit: Der Zahl e.
1. Einleitung
Die eulersche Zahl liegt vielen Wachstumsprozessen in der Natur zugrunde, deshalb wird sie auch »Basis des natürlichen Logarithmus« genannt. Wenn eine Bakterienkolonie sich vermehrt, wächst sie gemäß e, und auch die Geschwindigkeit, mit der Bäume Biomasse zulegen, lässt sich auf der Basis von e berechnen. Wo immer etwas lebt, ist e im Spiel.
Sogar der radioaktive Zerfall folgt der Logik dieser Zahl. »Wer hat, dem wird gegeben«, so könnte die Botschaft der Zahl e heißen, denn sie bedeutet, dass ein um das Doppelte gewachsener Organismus auch doppelt so schnell weiterwuchert und dreifache Größe bedeutet dreifaches Wachstum und so weiter. So wie Computer mit der leibnizschen Basis von Zwei laufen, so läuft die Zellteilung gemäß der eulerschen Basis von 2,718... Das lässt sich auch auf den Geldmarkt übertragen: Mit e können wir berechnen, wie ein Vermögen wächst, wenn die Zinsen der Zinseszinsen verzinst werden. Hat sich das Vermögen verdoppelt, wächst es bei gleicher Verzinsung auch doppelt so schnell weiter.
Obwohl die Zahl e weitaus universeller ist als zum Beispiel Pi, ist sie kaum bekannt möglicherweise, weil sie noch jung ist: Erst 1727 erfand Leonhard Euler die Zahl e. Mit 886 Veröffentlichungen gilt er als einer der produktivsten Mathematiker aller Zeiten.
Exponentialfunktionen sind Funktionen, bei denen die Variable x im Exponenten einer Konstanten steht. Exponentialfunktionen haben überall ihre Bedeutung, von Zinses-Zinsrechnung, über die Wachstumsrate von Lebewesen bis zum radioaktiven Zerfall. Einer ganz bestimmte dieser Funktionen ist diese Facharbeit gewidmet.
Man
experimentierte mit der Expotenzialfunktion
herum, denn diese Funktion hat eine Besonderheit, der man auf den Grund gehen wollte:
Für f(0) hat für beliebige a immer den Funktionswert 1.
Interessant ist
allerdings erst die Entwicklung des Differenzenquotienten. Zuerst bildet man
für diese Funktion den folgenden Differentenquotienten:
Nach einfachem Anwenden der Potenzgesetze und kurzem Umformen erhält man dann diese Formel:
Wie man erkennt, handelt es sich bei der Ableitung um die Ausgangsfunktion, erweitert durch einen Proportionalitätsfaktor. Dies führt zu der Annahme, dass man dadurch die Ableitung einer Exponentialfunktion sehr einfach berechnen kann. Wenn man die letzte Formel ein wenig umformt, erklärt sich auch, um was für einen Faktor es sich dabei handelt:
Es ist der
Differenzenquotient der Funktion an der Stelle x=0. Diesem haben wir den Buchstaben
c gegeben. Die Ableitungsfunktion ist somit
proportional zu
f(x)=ax. Eine solche Funktion nennt man
Exponentielle Wachstumsfunktion.
Setzt man für a den Wert 2 ein, so erhält man folgende Werte:
h |
0,1 |
0,01 |
0,001 |
0,0001 |
0,00001 |
Grenzwert |
0,7177 |
0,6955 |
0,6934 |
0,6932 |
0,6931 |
Bildet man also
den Grenzwert für , so erhält ungefähr den Wert 0,6931. Nun kann man viele
andere Werte für a einsetzen und wird immer ein anderes Ergebnis erhalten, doch
man erkennt schnell, dass der Grenzwert über 1 springt, wenn man a=3 benutzt,
nämlich auf ungefähr 1,0986. Schaut man sich jetzt die beiden
Ableitungsfunktionen genau an.
1.
2.
so stellt man fest, dass es eine Funktion geben muss, deren f(0)=1 beträgt und dessen Proportionalitätsfaktor demnach gleich 1 ist. Die Ableitung dieser Funktion ergäbe wieder die selbe Funktion. Nach dieser Zahl hat man lange gesucht, dementsprechend gibt es sehr viele Möglichkeiten, diese Zahl zu berechnen. Leider nur zwei davon werden hier später vorgestellt. Aber nun einige Daten des Mannes, dem diese Zahl ihren eigentlichen Namen verdankt:
3. Kurzbiographie Leonhard
Eulers
(vgl. [4])
Diese Zahl wurde nach dem bekannten österreichischen Mathematiker Leonard Euler benannt: die eulersche Zahl, oder kurz e. Er lebte von 1707-1783 in vielen Ländern Europas und schrieb dort seine Arbeiten. Diese waren aus vielen verschiedenen Themenbereichen: Mathematik, Mechanik, Astronomie, Physik, Briefe und Manuskripte. Als er 18 Jahre alt war, wurde er von seinem damaligen Professor an der Universität als Genie entdeckt. , worauf er anfing, seine Aufsätze drucken zu lassen. In seinen letzten acht Lebensjahren (1775-1783) verfasste er den Großteil seiner Arbeiten, ungefähr 270 Stück. Insgesamt verfasste er über 760 Arbeiten, die er allesamt drucken ließ, sodass die Druckereien noch Jahrzehnte nach seinem Tod damit beschäftigt waren, seinen Aufträgen nachzukommen. Im Jahr 1907, zu seinem 200. Geburtstag, wurde der Entschluss gefasst seine Werke zu sammeln. Es ergaben sich 72 Bände. Damit hat er fast so viel verfasst, wie alle anderen wichtigen und berühmten Mathematiker zusammen: Mit 27 Bänden liegt Gaughy direkt hinter im und der legendäre Gauss brachte es sogar nur auf 12 Bände.
4. Berechnungsweisen von e
(vgl. [3] S. 158-165)
Da es sehr viele Möglichkeiten gibt die eulersche Zahl e zu berechnen, können hier nicht alle aufgeführt werden. Zwei relativ wichtige allerdings werden hier an angesprochen. Die erste formale Entwicklung basiert auf dem Proportionalitätsfaktor c und erreicht ein sehr genaues Ergebnis. Die zweite Methode beruht auf dem Prinzip der Grenzwertnäherung, bei der e durch eine Intervallschachtelung bestimmt wird.
4.1. Berechnung über den
Proportionalitätsfaktor c
Um die Zahl e nun bestimmen zu können, macht man ein paar Vorüberlegungen zu den Exponentialfunktionen und deren Umkehrfunktion. Diese heißen Logarithmusfunktionen, mit deren Hilfe sich e in diesem Fall sehr einfach bestimmen lässt. Es gilt:
Für x setzen wir 2 ein, um eine der beiden Variablen zu einer Konstanten zu machen. ergibt sich diese Gleichung:
Da wir aber Exponentialfunktionen betrachten, muss diese Formel noch potenziert werden. Nach Anwendung der Potenzgesetze erhalten wir dieses Ergebnis:
Somit führen wir die Exponentialfunktion fa=ax auf die Funktion f2=2x zurück, können a aber beliebig wählen. Dies bietet den Vorteil, dass man sich auf eine berechenbare Konstante beziehen kann. Jetzt gilt:
Allerdings gilt auch:
Setzt
man diese beiden Funktionen gleich, kann man die Formel wie folgt nach auflösen, ohne dass
wir auf die Berechnung auf Basis 2 verzichten müssen.
Wir
können jetzt also auf dem Logarithmus zur Basis 2 einen beliebigen
Proportionalitätsfaktor berechnen. Dies
benötigen wir, da wir diesen 1 setzen wollen. Doch vorher brauchen wir den
Proportionalitätsfaktor der 1. Ableitung von
, also
.
Da
wir den Proportionalitätsfaktor 1 berechnen wollen, setzen und für a
entsprechend die gesuchte Zahl e ein.
Nun brauchen wir für c2 nur noch den bekannten Wert 0,6931 einsetzen und erhalten die Näherung:
Die
Genauigkeit dieser Berechnung hängt von der Genauigkeit von ab. In diesem Fall wurde
auf 4 Stellen
berechnet, so dass der Wert für e sehr ungenau ist.
4.2. Berechnung über die Grenzwertformel
Diese Methode entwickelt eine obere und eine untere Grenze, zwischen denen sich der Wert für e befindet. Sein Wert wird umso genauer, je kleiner man den Abstand zwischen oberer und unterer Grenze wählt.
4.2.1. Herleiten des Intervalls
Da
die Ableitung der natürlichen Exponentialfunktion immer der Ausgangsfunktion entspricht
und e positiv ist, sind die Funktionswerte der 2. Ableitung auch positiv. Der
Wert von e muss positiv sein, da sonst bei nur der Funktionswert
1 und nicht +1. Somit haben wir unsere erste Aussage über die Zahl e. Das
bedeutet, dass der Graph für alle
links gekrümmt ist.
Im folgendem Bild sieht man, dass sämtliche Tangenten des Graphen vollständig
unter ihm verlaufen, ausgenommen der Berührpunkt.
Die Tangentenfunktion eines Graphen wird durch diese Gleichung angegeben:
Da es sich hier um die natürliche Exponentialfunktion handelt gilt:
Setzt man dieses Ergebnis in die allgemeine Tangentenfunktion ein, lautet diese:
Da
die Tangenten alle unter dem Graphen verlaufen, sind sämtliche Funktionswerte
kleiner als die von ( für
).
Da wir ja zwei Grenzen betrachten wollen, müssen wir sie erst mal suchen.
Als erstes bestimmen wir die untere Grenze. Dazu verwendet man das Assoziativ-Gesetz:
und erhält
Für die obere Grenze verhält es sich ähnlich:
Um
für die zweite Ungleichung ein mit der ersten vergleichbares Ergebnis zu
bekommen, setzen wir und erhalten:
Diese beiden Ungleichungen fügen wir nun zusammen und erhalten eine Formel, mit der man sich der Zahl e durch Intervallschachtelung nähern kann:
Anhand der folgenden Tabelle lässt sich erkennen, wie die Genauigkeit in Abhängigkeit von n ansteigt:
n |
10 |
1000 |
1000000 |
obere Grenze |
2,8531 |
2,7196 |
2,7182832 |
untere Grenze |
2,5937 |
2,7169 |
2,7182804 |
Die
beiden Zahlenfolgen, die e einschachteln, nennen wir jetzt und tn. Da
sie mit steigendem n eine Intervallschachtelung bilden, besitzen sie als
Grenzwert für
nach dem Cantorschen
Axiom genau eine innere Zahl. Da es für beide also die gleiche Zahl ist,
braucht man nur noch den Grenzwert einer Zahlenfolge zu berechnen um e zu
erhalten.
4.2.2. Beweis für die Intervallschachtelung
Allerdings muss erst mal bewiesen werden, dass es
sich bei den beiden Zahlen wirklich um eine Intervallschachtelung zwischen und
handelt. Um dies zu
beweisen, müssen wir zeigen, dass:
1.
die Folge streng monoton
steigend
2.
die Folge streng monoton
fallend
3.
und ist.
Der vollständige Beweis dafür würde sehr viel Platz
in Anspruch nehmen, mit dem wir doch recht knapp bemessen sind. Mit ein paar geschickten
Umformungen kann man ihn allerdings schnell herleiten. Als Ergebnis erhält man
die Bernoullische Ungleichung und die Folgerung,
dass alle drei Bedingungen erfüllt sind.
5. e und
die harmonische Reihe
(vgl. [1])
Die Eulersche Zahl e kann man wirklich fast überall
finden. Da sie eine Wachstumsfunktion darstellt, ist sie auch in der Natur zu
finden (z.B. bei der Entwicklung von Bakterienkolonien). Allerdings gibt es
auch Wachstumsprozesse in der Mathematik, die auf e basieren. Wenn man sich die
harmonische unendliche Reihe
ansieht, fällt im ersten Augenblick nichts Besonderes
auf. Man könnte die ersten 100 Ergebnisse aufschreiben. Allerdings würde man
dabei feststellen, dass der Wert immer langsamer wachsen und sich einem
Grenzwert nähern würde. Für gilt diese Tabelle:
n |
Summe |
n |
Summe |
n |
Summe |
2 |
0,5 |
10 |
1,9289 |
... |
... |
3 |
0,8333 |
11 |
2,0198 |
82 |
3,99 |
4 |
1,0833 |
... |
... |
83 |
4,002 |
5 |
1,2833 |
30 |
2,9949 |
|
|
... |
... |
31 |
3,0272 |
|
|
Nun betrachtet man die k, für die die Partialsumme
jeweils eine natürliche Zahl überschreitet: 4, 11, 31, 83, 227, ... Wir nennen
diese Zahlenfolge pn. Es fällt auf, dass sich der Wert immer
ungefähr verdreifacht. Wenn man nun das Verhältnis zweier aufeinander folgenden
Zahlen dieser Zahlenreihe berechnet, so sind die ersten 5 Ergebnisse:
2,75;
2,8182; 2,6774; 2,7349
Diese Ergebnisse liegen sehr nahe an der Eulerschen
Zahl. Um herauszufinden, ob diese Verhältnisse wirklich auf e zulaufen, lässt
man von einem Computer eine sehr hohe Stelle berechnen, an der wieder eine
natürlich Zahl überschritten wird. Bei n=675.214 zum Beispiel wird die Zahl 13
überschritten. Das Verhältnis zum Vorgänger n=248.397 ist 2,71828162. Da dies
schon eine gute Annäherung ist, liegt folgende Vermutung nahe:
Dies kann man natürlich auch beweisen, allerdings würde auch dieser
Beweis die Platzvorgaben dieser Arbeit sprengen. Er lässt sich allerdings
relativ einfach über den Zusammenhang entwickeln.
Abschließende Betrachtung
Naturkonstanten wie Pi und e gibt es noch häufiger. Da wäre zum Beispiel die Zahl Phi: Sie ist das Verhältnis zweier aufeinanderfolgenden Zahlen in der Fibonacci-Reihe. Auch sie ist, wie Pi und e, transzendent und irrational und wird mit dem gleichen Respekt wie Pi behandelt. Allerdings ist sie nicht so bekannt wie Pi und e, deswegen aber nicht weniger interessant und komplex.
Zwischen Pi und e lässt sich abschließend nur eine Gemeinsamkeit feststellen: Beide Zahlen sind für den täglichen Gebrauch in der Wissenschaft und Forschung hinreichend bekannt. Denn für eine Berechnung des Umfangs der bekannten Galaxie auf die Genauigkeit des Radius eines Protons genügen bereits 39 Stellen (vgl. [1], S.151). Um Berechnungen mit e hinreichend genau durchzuführen, reichen bereits um die fünf Stellen. Die heutigen Berechnungen und Forschungen um diese beiden Zahlen werden also nur noch aufgrund des Rekordwahns getätigt, oder um kühne Behauptungen (niemand wird je die 1051te Stelle von Pi erfahren, Peter Borwein in einem Referat 1995 (vgl. [1], S.190)) zu widerlegen. Viele wichtige Eigenschaften der beiden Zahlen sind bereits bewiesen (Transzendenz, Irrationalität), so dass es nur noch wenige Forschungsziele gibt (z.B. Normalität), die lohnenswert erscheinen. Allerdings sind e und Pi ja vor allem für ihre Abnormitäten bekannt, man darf also weiter gespannt sein...
[1] ARNDT,
Jörg/HAENEL, Christoph: Pi: Algorithmen, Computer, Arithmetik. Berlin, Heidelberg 1998
[2] Anschauliche Geometrie 4, 1. Auflage,
Ehrenwirth Verlag München 1989
[3] KUYPERS, Wilhelm/LAUTER, Joseph:
Mathematik Sekundarstufe II, Analysis Leistungskurse.
Düsseldorf 1987
[4] v. RENTELN, Michael: Leonard Euler
und die Geschichte der Mathematik. In: Der mathematische
und naturwissenschaftliche Unterricht, Band 48 1995, Heft 3, S. 131-137.
[5] EISENMANN, Peter: Die harmonische
Reihe und die eulersche Zahl e. In: Mathematik in der Schule, Band 35 1997, S. 357-359.